Die Menge der weltweit verfügbaren Daten verdoppelt sich jedes Jahr. Statt um Giga- oder Terabyte geht es heute häufiger um Peta- oder Exabyte. Auch die Medizin erlebte in den vergangenen Jahren einen niemals gesehenen Datenzuwachs. Krankenhäuser und Praxen haben ihre Abläufe digitalisiert, medizinische Geräte sammeln Daten, genauso wie telemedizinisch überwachte Patienten oder Menschen, die sich mit „Wearables“ selbst vermessen. Hinzu kommen die Daten aus Forschung und Versorgung, von Versicherungen, Gesundheitsämtern, Kommunen und vielen mehr. Die riesige Menge erfasster Daten und die Kunst, sie zusammenzuführen und wertvolle Informationen aus ihnen zu ziehen, wird als „Big Data“ bezeichnet.
Volume, Variety und Velocity
Noch bis vor wenigen Jahren war das technisch nicht möglich. Die Datenberge waren zu groß, zu heterogen und änderten sich zu schnell, um sie zu nutzen. Doch jetzt werden „Volume“ (Größe), „Variety“ (Vielfalt) und „Velocity“ (Geschwindigkeit der Datengenerierung), die drei „Vs“ von Big Data – dank Künstlicher Intelligenz zusehends beherrschbar. Daten aus verschiedensten Quellen werden durchforstet, verbunden und analysiert, um beispielsweise herauszufinden, wie eine Krankheit entsteht, welche Therapie angezeigt ist oder wie das Versorgungsgeschehen besser gesteuert werden kann.
Selbstlernende Superrechner wie „Watson Health“ von IBM analysieren Millionen von Forschungsbeiträgen und Krankengeschichten, um passende Therapievorschläge für einen einzelnen Patienten zu machen. Sie errechnen, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Patient nach einer OP Komplikationen erfährt, und stellen Zusammenhänge her, die Forschern bei der Entwicklung neuer Medikamente helfen können.
Von "Big Data" zu "Smart Data"
Während man bis heute Daten, wenn überhaupt, rückblickend ausgewertet hat – etwa: Wie war die Krankheitslast einer bestimmten Kommune? – erlaubt Big Data den Blick in die Zukunft: Rechner erkennen im Datenmeer Muster, die bislang noch keinem aufgefallen sind. Dadurch steuert die Medizin von einer eher reaktiven Haltung hin zu einer stärker vorhersagenden, vorbeugenden Rolle.
Zu den großen Herausforderungen von Big Data zählen der Datenschutz, die Wahrung der informationellen Selbstbestimmung und die IT-Sicherheit. Zudem stellen sich Fragen nach einer Daten-Ethik und nach unserem Selbstbild, sollten wir uns zunehmend im Spiegel unserer Gesundheitsmesswerte wahrnehmen. Und es geht auch um Fragen der technischen Machbarkeit. Der Experte Peter Langkafel schätzt, dass höchstens 50 Prozent der Daten in einer verwertbaren Form vorliegen. Ganz zu schweigen davon, dass die Datensysteme von Krankenhäusern, Arztpraxen, Krankenkassen, Versicherungen, der Forschung und vielen mehr nicht kompatibel sind. Erst wenn sie ausgetauscht werden können, kann aus Big Data die „Smart Data“ gezogen werden.
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