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5 Mutmacher zum Altern

Altwerden ist nichts für Feiglinge. Gleichzeitig betrifft es immer mehr Menschen. Im Vergleich zum Jahr 2000 wird sich 2035 der Anteil älterer Menschen gegenüber der Bevölkerung im mittleren Alter etwa verdoppelt haben. 2050 wird es in Deutschland etwa 5 Millionen mehr über 67-Jährige  geben. Gleichzeitig wird es 7 Millionen weniger Menschen im mittleren Alter bzw. im klassischen Erwerbsalter von 20 bis 66 Jahren geben. Zeit für einige Mutmacher. 

Mutmacher Altwerden

Im Alter fühlt man sich jünger

Du bist so alt, wie Du Dich fühlst. So platt es klingt, so wahr ist es. Die allermeisten Menschen fühlen sich jünger, als sie es kalendarisch sind – vor allem in westlichen Gesellschaften. Dabei nimmt die Diskrepanz zwischen chronologischem und gefühltem Alter mit den Jahren zu. Und: Sie ist eine Frage der Generation, wie eine Studie der Humboldt-Universität Berlin zeigte: 1936 Geborene fühlten sich mit 65 durchschnittlich 7½ Jahre jünger als sie es tatsächlich waren. Wer zehn Jahre später geboren war, bereits 9 Jahre jünger. Zwar nimmt das gefühlte Alter später dann wieder ab, bleibt aber für die meisten weiterhin unter ihrem tatsächlichen Alter.

Positiv über das Altern denken – und 7 Jahre länger leben

Wer sich positiv zu seinem Alter stellt, lebt länger. Forschende der Yale-Universität hatten für eine Langzeitstudie 660 Menschen ab 50 nach ihren Ansichten über ihr Altwerden befragt und 23 Jahre später geschaut, wie viele von ihnen gestorben waren. Diejenigen, die sich positiv zu ihrem Altwerden stellten, lebten im Schnitt 7,5 Jahre länger als jene, die ihr Altern beklagten. Die Wirkung der eigenen Einstellung war stärker als Faktoren wie ‚Geschlecht‘, ‚Status‘, ‚Einsamkeit‘ oder gesundheitliche Faktoren wie Stress, Bluthochdruck oder Übergewicht. Sich positiv zum Altwerden zu stellen, meint übrigens weder, dass man sich ewig jung fühlen soll, noch, bei jedem Zipperlein sofort „ich werde alt“ zu denken.

Genetik ist nicht alles – Lebensstil ist oft mehr

Bestimmen unsere Gene, wie alt wir werden? Wissenschaftler:innen schätzen: Nur etwa zu zehn bis 15 Prozent. Natürlich hat die genetische Veranlagung eines Menschen Einfluss auf den Alterungsprozess und damit auf die persönliche Lebenserwartung. Doch wie Gene ein- und ausgeschaltet werden, hängt auch mit dem individuellen Lebensstil zusammen. In den allermeisten Fällen spielt er die größere Rolle. Sonst wäre auch der rasante Anstieg der Lebenserwartung im 20. Jahrhundert nicht möglich gewesen – denn so schnell hat sich das Genom nicht verändert. Die Lebenserwartung hat sich in den letzten 120 Jahren verdoppelt.

Quelle: https://www.age.mpg.de/bestimmen-unsere-gene-wie-alt-wir-werden

 

Meister der Lebensführung

Der weltberühmte Pianist Artur Rubinstein wurde als 80-Jähriger einmal gefragt, wie er in seinem Alter weiterhin hervorragende Konzerte geben könne. Er spiele weniger Stücke und übe diese Stücke häufiger, antwortete der Starpianist. Außerdem setze er größere Kontraste in den Tempi, so wirke sein Spiel schneller, als er noch zu spielen imstande sei. Ältere Menschen haben eine Gabe, sich an veränderte Bedingungen anzupassen und ein positives Selbstgefühl zu erhalten. Auch lassen sie weniger negative Gefühle an sich heran und betrachten vieles von einer höheren Warte aus. Emotionale Intelligenz und „Weisheitswissen“ sind in dieser Lebensphase besonders ausgeprägt. Es ist eine Form der Lebenskunst. 

Mit dem Alter steigt die Zufriedenheit

Schaut man, wie zufrieden Menschen im Laufe eines Lebens sind, kommt man auf eine U-Kurve: Die Lebenszufriedenheit ist bei jungen Erwachsenenjahren meist hoch – was der Wirtschaftswissenschaftler Bernd Raffelhüschen, Autor des jährlich erscheinenden ‘Glücksatlas‘, auch auf eine gewisse Blauäugigkeit zurückführt. Mit steigenden Belastungen durch Beruf und Familie sinkt die Zufriedenheit zur Mitte des Lebens hin, um danach wieder anzusteigen. Ältere Menschen kommen einerseits in ruhigeres Fahrwasser, andererseits haben sie das Zeug zum Lebenskünstler (s. Punkt 4). Denn gerade diese Gruppe ist nicht besonders mit den 4 G gesegnet, die Lebenszufriedenheit maßgeblich bestimmen: Gesundheit, Gemeinschaft, Geld, Genetik. Der Alternsforscher Paul B. Baltes attestierte jüngeren Alten eine bemerkenswerte Fähigkeit zur „adaptiven Ich-Plastizität“: Es gelinge ihnen überraschend gut, trotz körperlicher Beeinträchtigungen und weiteren Einschränkungen ihr subjektives Wohlbefinden aufrecht zu erhalten.

Epilog

Allerdings ist das Älterwerden ein Januskopf, sagte jener Paul Baltes – ausgewiesener Experte der Alternsforschung – auch. Ab einem Alter von etwa 85 Jahren, wenn die Hälfte der ursprünglichen „Geburts-Kohorte“ nicht mehr lebt, spricht die Gerontologie vom „vierten Alter“. Dann kommt die psychische Regulationskraft gegen den körperlichen Abbau, die Vereinsamung und weitere Nöte nicht mehr gut an (Ausnahmen bestätigen die Regel …). Die Alterszufriedenheit sinkt deutlich. Nie gilt der viel zitierte Satz so sehr, wie im vierten Alter: „Altern ist nichts für Feiglinge“.

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