1 Gestaltungskraft und Teilhabe bis ins hohe Alter
Meine Vision ist, dass wir das Alter bis ins hohe Lebensalter hinein sehr viel mehr gestalten, als wir das heute tun.
2 Die Resilienz des Alters nutzen
Menschen haben eine sehr ausgeprägte neurokognitive Plastizität und ausgeprägte Resilienz, also Widerstandsfähigkeit: Es gilt, diese neurokognitive Plastizität und diese Resilienz bis ins hohe Lebensalter zu nutzen. Bildung spielt eine sehr wichtige Rolle.
3 Soziale Ungleichheit abbauen
Wir müssen uns vergegenwärtigen, wie hoch die Sozialschicht- und Bildungsschichtdifferenzierung im gesamten Lebenslauf ist, vor allem auch im hohen Lebensalter. Soziale Ungleichheit abzubauen ist eine der zentralen Grundlagen für die Verwirklichung von Visionen.
4 Digitale Spaltung verhindern
Digitale Potenziale müssen allen Bevölkerungsgruppen zu Gute kommen. Sonst laufen wir Gefahr, dass eine soziale Spaltung auch zur digitalen Spaltung wird.
5 Prävention und Rehabilitation stärken
Wir müssen die Prävention und die Rehabilitation viel stärker machen. Die Bundesrepublik Deutschland liegt in der Präventionsforschung und vor allem in der Umsetzung der Forschungsergebnisse in die Praxis weit zurück. Genauso, was die Rehabilitationsforschung und ihre Umsetzung angeht. Wir könnten das Alter ungleich besser gestalten, wenn wir die Prävention und Rehabilitation über den gesamten Lebenslauf stark machen würden. Wenn wir Individuen über den gesamten Lebenslauf Informationen auch über gesundheitsförderliche Maßnahmen geben würden.
6 Mehr Wissen über Krankheitsentstehung im Alter
Wir müssen die Mechanismen der Krankheitsentstehung noch sehr viel mehr in Blick nehmen, vor allem die Interaktion von Krankheit und Alter.
7 Geistiges Potenzial Älterer ansprechen
80-Jährige und Ältere können körperlich oder auch neurokognitiv vulnerabel sein bei gleichzeitig bemerkenswerter seelisch-geistiger Wachstumsfähigkeit. Menschen besitzen auch bei chronischer Erkrankung und auch im Fall eines Hilfebedarfs ein seelisch-geistiges Potenzial, das wir ansprechen müssen.
8 Gesellschaftlichen Wert der Gesunderhaltung erkennen
Gesundheit ist ein hohes Gut, wenn auch nicht notwendigerweise das höchste. Aber: Es ist ein Gut, das uns in die Lage versetzt, unser Leben in den Dienst von höchsten Gütern zu stellen. Beispielsweise den Dienst am anderen Menschen, den Dienst an unserer Gesellschaft, den Dienst an unserer Demokratie. Viele Hochbetagte würden dieses mitverantwortliche, von Sorge bestimmte Leben, gerne noch führen.
9 Das Alter positiv statt negativ wahrnehmen
Wir brauchen eine Gesellschaft, die dieses Potenzial des Alters und dieses Interesse des Alters erkennt.
10 Alter als wichtiger Faktor für den Fortschritt
Wir müssen die latente oder offene Altersdiskriminierung, auch in ihrer Geschlechtsspezifität, erkennen, aufgeben und der Politik sagen: Erkenne und adressiere das Alter als eine Lebensphase, die vor dem Hintergrund reflektierter Erfahrung erheblich zum kulturellen, politischen Fortschritt beitragen kann. Und: Erkenne und adressiere die Würde!
Prof. Dr. Dr. h.c. Andreas Kruse ist ein vielfach ausgezeichneter Alternsforscher und Emeritus und Seniorprofessor distinctus an der Universität Heidelberg.
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