Hatte ein Mensch, der heute 80 Jahre alt ist ...
... in seiner Jugend eine bakterielle Infektion, konnte ihm kein Antibiotikum verschrieben werden. Denn das stand erst in den 1940er Jahren in größeren Mengen zur Verfügung. Dieser Mensch hat die erste Herzoperation, die erste Nierentransplantation, die Entdeckung des Aufbaus des Erbguts und die erste Implantation eines Herzschrittmachers als Sensation erlebt. In seinen achtzig Jahren ist die Lebenserwartung in Deutschland um rund 20 Jahre gestiegen.
Wer heute geboren wird, ...
... hat gute Chancen, hundert Jahre alt zu werden. Ob und welche Therapien dieser Mensch erhält, entscheiden dann Ärzte auf Grundlage genomischer und anderer Datenanalysen und des Vergleichs Millionen weiterer Fälle mithilfe künstlicher Intelligenz. Einen großen Teil dieser Daten wird der Patient durch seine virtuellen Assistenzprogramme und Apps selbst generieren können – beziehungsweise wird mit ihnen konfrontiert sein: Denn dieser Mensch wird relativ früh wissen, ob und wenn ja, welche genetischen Dispositionen für bestimmte Erkrankungen er hat. Es wird Therapien geben, die genau für die spezifische Ausprägung der Erkrankung entwickelt wurden. Miniroboter werden den Körper von innen untersuchen, größere werden Eingriffe vornehmen, wichtige Organe können dann vielleicht durch 3D-Prints ausgetauscht werden, Smart Pills kommunizieren mit Apps. Dieser Mensch wird wahrscheinlich erleben, wie bislang chronische, mitunter tödliche Erkrankungen heilbar werden.
Ein Fortschritt? Sicher! Für die Medizin und die Versorgung scheint das 21. Jahrhundert das Jahrhundert der neuen Möglichkeiten zu sein.
Aber ...
was bringen diese Möglichkeiten mit sich? Soll Gesundheit in Zukunft eine datengetriebene Privatsache sein oder ein öffentlicher Auftrag mit präventiver Ausrichtung? Wie gefährlich sind Algorithmen, die unsere Lebenswelt immer mehr durchziehen werden? Was verstehen wir angesichts der medizinischen und technischen Erkenntnis-Durchbrüche unter Gesundheit? Werden alle am medizinischen Fortschritt teilhaben? Woran messen wir Fortschritt? Was ist zu tun, um ihn nicht zu verpassen? Und wie erleben ihn die Menschen, die sich – obwohl es uns heute so gut geht wie nie zuvor – auch immer wieder nach der „guten alten Zeit“ sehnen?
Wir laden Sie ein zur Debatte über Fragen des Fortschritts!
Dabei freuen wir uns auf Ihre Ideen, Erfahrungsberichte und Anmerkungen. Kommentieren Sie die Beiträge auf Land der Gesundheit oder schreiben Sie uns, was aus Ihrer Sicht in Sachen „Fortschritt“ mit auf die Agenda gehört.
Foto: John Krempl/Photocase
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