Aus der Evolutionsmedizin stammt die These, dass unsere Gene noch auf Steinzeit-Niveau sind. Wenn das so ist: Passt das dann zu unserem postmodernen Leben?
Es war einmal der Mensch
84.000 Generationen lang, mithin 99,5 Prozent seiner Zeit auf Erden, pirschte Homo sapiens auf zwei Beinen übers Land, sammelte und jagte, aß Nüsse, Beeren, Früchte, Fleisch und hatte auch mal ein paar Tage nichts im Bauch, je nach Jagd- und Sammelglück. Das Angebot an Salzen war knapp, Stress nicht dauerhaft: Die Gene des Menschen, die seinen Körperbau, seinen Stoffwechsel und sein Immunsystem bestimmen, haben sich durch die Kräfte der Evolution so weit an diese Verhältnisse angepasst, dass sich der Homo sapiens emsig vermehren konnte.
Und das ist, rein biologisch gesehen, das Einzige, was zählt: gesunde Nachkommen großzuziehen. Möglichst viele. Gesundheit ist der Natur nur so lange wichtig, bis der evolutionäre Sinn des Lebens erfüllt werden kann. Dafür genügen vier Lebensjahrzehnte. Alles danach ist, jedenfalls in den Augen der der Evolutionsmedizin ‚Luxus’.
Vom Jäger und Sammler zum …
Nach evolutionsmedizinischer Lesart liegt die Liebe vieler zu gesalzenen Erdnüssen oder Chips daran, dass der (steinzeitliche) Körper vorsorglich gar nicht genug vom Salz bekommen kann (der nächste lange Wüstenmarsch kommt bestimmt). Liebt Zucker und Fett als Geschmacksträger und will sie ständig lagern, denn er „weiß“: Das Jagd- und Sammelglück bleibt auch mal aus.
… postmodernen Langzeit-Sitzer
Selbst im bequemen Bürosessel reagiert unser Paläo-Körper noch, als attackiere ihn ein Säbelzahn-Tiger, wenn beruflicher Druck aufkommt. Entscheidender Unterschied: Der Druck von heute ist in vielen Fällen Dauerstress. Und nicht nur das. Konsequent weitergedacht ist das programmierte genetische Erbe eine Hauptursache vieler Zivilisationserkrankungen, die den Menschen in westlichen Industrieländern meist vom 40. bis 100. Lebensjahr plagen.
Illustration: Hans-Christian Kogler / http://www.punktformstrich.at
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