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„Krebs ist auch ein Armutsrisiko“ – Ein Gespräch mit Jürgen Walther

Krebs wird immer besser behandelbar. Deshalb überleben immer mehr Menschen ihre Krebserkrankung. Doch was eigentlich ein Glück ist, hat für viele unter ihnen eine ganz andere, meist unerwartete, dennoch dramatische Folge: Armut. Ein Gespräch mit Jürgen Walther, der am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg Krebspatienten über die sozialen und vor allem finanziellen Folgen ihrer Krebserkrankung berät.

 

Herr Walther, macht Krebs arm?

Walther: Das kann man nicht pauschal beantworten. Wie hoch das individuelle Armutsrisiko bei einer Krebserkrankung ist, hängt von vielen Faktoren ab, zum Beispiel  der  Einkommens- und Vermögenssituation des betroffenen Menschen oder von der Anzahl an Personen in der Familie, die Geld verdienen. Nachweislich hat das Risiko zugenommen, durch eine schwere Erkrankung finanzielle Probleme zu bekommen oder sich zu verschulden. Deshalb müssen wir auch in der Beratung von Tumorpatienten vermehrt auf Fragen zur wirtschaftlichen Sicherung antworten. Unabhängig von den realen Armutsrisiken machen sich Betroffene mehr Sorgen über ihre wirtschaftliche Zukunft. Aktuell laufen, auch am NCT, einige Untersuchungen, die sich mit den Armutsrisiken durch Krebs und den damit verbundenen psychosozialen Belastungen beschäftigen.

 

Wie viele Krebspatienten suchen Ihre Hilfe und wie alt sind diese?

Walther: Wir haben im NCT Sozialdienst im Jahr 2016 ca. 3200 Fälle bearbeitet. Dahinter verbergen sich etwa 1900 Patienten. Davon sind mehr als zwei Drittel im erwerbsfähigen Alter, d.h. zwischen 20 und 66 Jahren.

 

Mit welchen Fragen kommen sie zu Ihnen?

Walther: Neben den klassischen Anliegen, zum Beispiel der Klärung von Fahrkosten zur Therapie, Informationen zu Rehabilitationsverfahren, zur Organisation der häuslichen Versorgung oder Fragen zum Schwerbehindertenrecht, drehen sich etwas mehr als ein Drittel der Fragen um wirtschaftliche Sicherheit. Die Patienten möchten zur Entgeltfortzahlung, zum Krankengeld und Arbeitslosengeld,  zu Renten und sonstigen sozialen Transferleistungen beraten werden.

 

Warum geraten Krebspatienten überhaupt in finanzielle Schwierigkeiten?

Walther: Eigentlich aus einem positiven Grund: Die Menschen leben dank neuer Therapieverfahren heute deutlich länger mit einer Krebserkrankung. Allerdings benötigen sie meist lebenslang Medikamente, viele sind deutlich in ihrem Leistungsvermögen eingeschränkt und nicht mehr in der Lage, im gewohnten Umfang zu arbeiten. Oft nehmen deshalb  im Langzeitverlauf einer Krebserkrankung die Einnahmen ab; die Ausgaben aber steigen. Gleichzeitig verändern sich die sozialen Sicherungssysteme, das Niveau der Erwerbsminderungsrenten ist gesunken, die Zahl befristeter Arbeitsverhältnisse  hat kontinuierlich zugenommen. Insbesondere Selbständige, etwa Inhaber kleiner Handwerksbetriebe, sind für den Fall einer schweren Erkrankung häufig nicht ausreichend oder sogar überhaupt nicht abgesichert.

 

Wie können Sie ihnen helfen?

Walther: Wir informieren die Patienten über Rechts- und Leistungsansprüche, wir sind bei der Stellung von Anträgen behilflich, bieten konkrete Hilfe im Kontakt mit Ämtern und Behörden an, vermitteln im Einzelfall an Fachberatungsstellen und aktivieren in akuten Notlagen die Hilfe von Fonds oder Stiftungen.

 

Was müsste sich ändern, damit Krebspatienten diese zusätzliche Belastung erspart bleibt?

Walther: Wichtig ist für die Betroffenen, dass sie einen verlässlichen Anspruch auf Entgeltersatzleistungen, z.B. das gesetzliche Krankengeld haben. Ein Problem ist nach wie vor das geringe Niveau der Erwerbsminderungsrenten. Dass die Erwerbsminderungsrente ab 2018 so berechnet wird, als hätte der Betroffene bis 65 gearbeitet, statt wie bisher nur bis 62, ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

 

Kann man selbst etwas tun? Vorbeugen?

Walther: Man kann sich, abhängig von den individuellen finanziellen Möglichkeiten, der  Lebenssituation und dem Versicherungsstatus, ergänzend oder vollständig privat absichern, z.B. durch eine private Berufsunfähigkeitsversicherung.

 

Jürgen Walther ist Mitarbeiter des Sozialdienstes am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg.

Bild: Philip Benjamin

  1. Anonym

    Was ist mit der Nachbehandlung , mein Mann hatte strahlenkaries nach Chemo und Bestrahlung, verlor einen Zahn nach dem anderen , es wurde auch zugegeben das die strahlendosis VIEL zu hoch war , er hatte Verbrennung 2. und 3.grades innen wie außen und musste sich 3 Jahre über eine magensonde ernähren und dann als er wieder langsam essen konnte verlor er die Zähne. Hab mich ein Jahr mit Krankenkasse gestritten wir haben nur den ganz normalen kassenzuschuss bekommen wie bei jedem gesunden Menschen was anderes würde nicht im Katalog stehen und Harz 4 sind wir ja schließlich auch nicht war die Antwort. Wir mussten uns einen Kredit aufnehmen das find ich ein Armutszeugnis von Deutschland ich bin eine 4 Stunden kraft ohne Aussicht auf mehr Stunden und mein Mann seitdem eu Zentner mit wenigen 100 euros.....

    vor 7 years
  2. Redaktion

    Ihr Schicksal tut uns sehr leid. Leider können wir Sie nicht näher zu einer Nachbehandlung beraten. Es besteht die Möglichkeit, dass Sie sich an das NCT in Heidelberg oder die Patientenbeauftragte der Bundesregierung wenden. Diese ist Anlaufstelle für Anfragen und Beschwerden von Patienten und berät bei politischen Entscheidungen im Sinne der Patienten. Die Adressen finden Sie jeweils im Internet.

    vor 7 years
  3. Anonym

    Wir haben in Deutschland ein gutes, aber auch teures Gesundheitssystem. Als Beitragszahlerin habe ich Interesse daran, dass die Kassen als Leistungserbringer prüfen, was sie zahlen. Ich arbeite im Gesundheitswesen mit durchweg sehr kranken Menschen und kenne deren Sorgen und Nöte. Insbesondere wenn keine gesunden Familienangehörige da sind, ist man überfordert.
    Ich arbeite in der Sozialmedizin, habe aber das Pflegewohngeld - Verfahren für meine Mutter einem Anwalt übergeben müssen, weil. auch ich nicht mehr weiter kam. Nur kann sich nicht jeder Pat., insbesondere diejenigen, die früh berentet werden, einen Anwalt erlauben.
    Es gibt aber auch schwarze Schafe, die die Kassen ausnutzen, wo es nur geht.
    Dazu kommt das Anspruchsdenken in Deutschland, was teure Therapien und Untersuchungen anbetrifft.
    Ab Pflegegrad drei unter bestimmten Voraussetzungen und Pflegegrad vier generell werden Fahrtkosten übernommen, wenn sie vor Antritt der Fahrt genehmigt werden.

    vor 7 years
  4. Anonym

    Die Fahrten zur Chemo und Strahlentherapie werden bezahlt.Aber die Fahrten zur Blutkontrolle nicht. Und wenn man Pech hat und die Werte ein im Keller fährt man vier oder fünf Mal in jedem Zyklus.Öffentliche Verkehrsmittel soll man nicht nutzen weil das Immunsystem sehr geschwächt ist Auto fahren geht auch nicht also Taxi. Und das wird teuer.Vor allem wenn man in einem Dorf wohnt!
    Vielleicht denken die Verantwortlichen ja das spart man am Essen!

    vor 7 years
  5. Anonym

    Und vorallem wenn man zusätzlich zur konventionellen Therapie noch begleitend alternative Therapien macht, kommt man finanziell sehr schnell an seine Grenzen.

    vor 7 years
  6. Anonym

    Was für ein scheiß,die Leute sind schwer krank und müssen sich um finanzen kümmern und von Amt zu Amt obwohl sie es garnicht schaffen ,was für ein armes Land!

    vor 7 years
  7. Nein

    Die Medikamente sie auch viel zu teuer (das ist auch so gewollt von der pfamaidustrie den die sie nicht daran interessiert das die Menschen gesund werden die sind nur am profit entresirt )

    vor 7 years
  8. Redaktion

    Liebe Kommentatoren, hier liegt ein Missverständnis vor. Die Krebsmedikamente werden von der Krankenkasse bezahlt. Die Menschen geraten in Armut, weil sie nicht mehr zur Arbeit gehen können und dann aufgrund der Erwerbsminderung weniger Geld zum Leben haben. Außerdem müssen die Betroffenen seit der Gesundheitsreform 2004 einen Zusatzbetrag zu allen verordneten Leistungen bezahlen, also Medikamenten, Heilhilfsmittel wie z.B. einen Rollstuhl, Physiotherapie oder Fahrtkosten zur Chemotherapie. Der Maximalbetrag liegt hier bei 2% bei nicht-chronischen und 1% bei chronischen Erkrankungen (nach 1 Jahr Krankschreibung) des Einkommens. Dazu kommen Ausgaben für empfohlene Pflegeprodukte, etwa Hautcreme nach Bestrahlungen, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden oder auch für die künstliche Ernährung bei gravierenden Eingriffen.

    vor 7 years
  9. Anonym

    Dann muss man da etwas machen . Dann müssen die Menschen gegen die Pharmaindustrie ran gehen das kann dich nicht sein das Menschenleben Geld kostet . Das müsste alles umsonst sein . Weg mit denen die da oben in der Pharmaindustrie sitzen und Medikamente umsonst wie es früher war

    vor 7 years

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