Jedes Jahr zeichnet das renommierte Journal Science die wissenschaftlichen Top-Entdeckungen und -Entwicklungen des Jahres aus. Eine davon wird als jeweilige „Super-Entdeckung“ zum „breakthrough of the year“. In einer Serie zeigen wir Ihnen die 21 Breakthrough-Gewinner seit 2000! In dieser Folge die aus den Jahren 2000 bis 2004.
2004 Wasser auf dem Mars
Es war so etwas wie der Beweis, dass auch anderswo im Universum Leben entstanden sein könnte. Und dann noch ausgerechnet auf dem sagenumwobenen roten Planeten, der heute staubtrocken ist. Die sensationelle Erkenntnis verdankt die Menschheit den beiden Mars-Rovern „Spirit“ und „Opportunity“. Vor allem die Messinstrumente von Opportunity zeigten schnell, dass der Boden in seinem Landegebiet zu 40 Prozent aus Salz bestand – Hinterbliebenschaft eines einstigen Meers vor Milliarden Jahren. Und eine potenzielle Brutstätte von Leben wie Bakterien oder Archaeen (‚Urbakterien‘).
2003 Dunkel ist das Firmament
Die Sonne leuchtet strahlend hell, der Mond und die Sterne nicht minder. Und doch: Sie sind die absoluten Ausnahmen am Firmament. 90 Prozent des Universums besteht aus schwarzer Masse, die auseinandergezogen wird durch eine unbekannte Kraft namens „schwarze Energie“. Beweise für diese Theorie lieferte die WMAP-Sonde (Wilkinson-Mikrowellen-Anisotropen-Sonde). Sie schoss beispielsweise ein unfassbar detailliertes Foto des kosmischen Mikrowellen-Hintergrunds – das Licht aus den Anfängen des Universums, das der neugeborene Kosmos als glühender Plasma-Ball abwarf. Die Analyse der Muster in diesen Strahlen ergab: Nur vier Prozent des Universums besteht aus „ordinärer“ Materie. 23 Prozent sind schwarze Materie, 73 Prozent schwarze Energie. Aus den WMAP-Daten wurde auch das Alter des Weltalls bestimmt: genau 13,7 Milliarden Jahre mit einer Unsicherheit von ‚nur‘ einem Prozent. „Die Folgen dieser neuen Entdeckungen“, schrieb Science seinerzeit, „sind atemberaubend.“ Allerdings: Bis heute weiß niemand wirklich, was sich hinter der dunklen Materie verbirgt. Trotz intensiver Forschung.
2002 Die RNA-Ära beginnt
Von mRNA gehört haben im Zuge der Impfstoffentwicklung gegen Corona inzwischen viele Menschen. Doch verbirgt sich hinter dem Kürzel für „Ribo Nucleic Acid“ („Ribonukleinsäure“) eine ganze Familie von Molekülen mit unterschiedlichen Funktionen. Das wurde 2002 so richtig klar. Damals zeigte sich in etlichen Studien die Bedeutung sogenannter kleiner RNA-Moleküle – für Science „elektrisierende Entdeckungen“. Denn jahrzehntelang stand im Fokus der Biologen fast nur die mRNA, die den Code der Erbsubstanz DNA in Proteine, die Arbeitsmaschinen, von Zellen übersetzt. Doch in den 1990er Jahren stießen Forschende zunächst auf sogenannte Micro-RNAs, die eine wichtige Rolle bei der Regulation von Genen spielen. Anfang unseres Jahrhunderts wurde dann erstens die RNA-Interferenz entdeckt. Bei diesem natürlichen Mechanismus unserer Zellen wechselwirken kurze RNA-Stücke (und verschiedene Enzyme) mit der mRNA. Folge: Die mRNA wird gespalten, die Erbinformation der DNA nicht umgesetzt. Es handelt sich mithin um eine neue Form der Steuerung von Genen. Manche Organismen nutzen die RNA-Interferenz auch, um sich gegen RNA-Viren zu verteidigen. Inzwischen sind erste Therapien zugelassen, die auf diesem Prinzip beruhen. Insgesamt sind RNA-basierte Therapien ein Zukunftsfeld der Medizin. Über 100 RNA-basierte Wirkstoffe befinden sich in ersten klinischen Studien gegen Alzheimer, Asthma, Diabetes, HIV, erhöhte Cholesterinwerte, diverse Erbkrankheiten und Tumoren.
2001 Nanoelektronik on top
Spitzenleistung in diesem Jahr: Computerschaltungen in Molekülgröße. Zunächst wurden Drähte hergestellt, die millionenfach feiner sind als menschliches Haar. Dann konnten Forschende die Nanodrähte so vernetzen, dass sie kommunizieren. Verschiedene Teams konnten schließlich erste nanoelektronische Schaltkreise herstellen. Science bescheinigte der Technologie damals eine blende Zukunft.
2000 Die Geburt der Genomik
Den Code des Lebens zu lesen – die Abfolge biochemischer Bausteine der DNA von Genen, Buchstabe für Buchstabe – war jahrzehntelang ein mühsamer, quälend langsamer Prozess. Im Laufe der 1990er Jahre trieben technologische Fortschritte diese „Sequenzierung“ auf ein dermaßen atemberaubendes Tempo, dass exakt im Jahr 2000 plötzlich ganze Genome von Organismen „entschlüsselt“ waren, die für die Forschung wichtig sind – inklusive des menschlichen. Für Science der Durchbruch des Jahres, „vielleicht sogar des ganzen Jahrzehnts oder gar Jahrhunderts“, – so groß sei das Potenzial. Tatsächlich wurde damals die Basis gelegt für die zukünftige biomedizinische Forschung, die heute ganze Genome rasch und günstig in Massen entschlüsselt. Die Forschenden lernten auch grundlegende Fakten – dass zum Beispiel der Mensch „nur“ gut 20.000 Gene besitzt. Aber der direkte praktische Nutzen der Sequenzierung des menschlichen Erbguts für die Medizin ist bescheiden. Denn nach diesem Breakthrough wurde nach und nach klar: Es braucht weitaus mehr als DNA-Sequenzen. Um neue Wirkstoffe oder gar fundamentale Therapien zu entwickeln, muss man sich alle Produkte dieses Genoms angucken, die Proteine und andere Moleküle, und was sie in der Zelle ‚anstellen‘. So entstand die Wissenschaft der Proteomics, die sämtliche Proteine einer Zelle erforscht. Dann erwuchs die Metabolomics, die den gesamten Stoffwechsel durchleuchtet. Und die Transcriptomics, die die heute weit bekannten RNA-Moleküle „ganzheitlich“ unter die Lupe nimmt. Und längst weiß die Forschung, dass sich nicht nur Gene verändern, sondern auch das, was an ihnen dranhängt, zum Beispiel die sogenannten Methylgruppen, die auf Einflüsse aus der Umwelt reagieren und die Aktivität der Gene regulieren. Mit allem, was der Mensch denkt, isst, an Worten empfängt, verändert sich über die Epigenetik die Aktivität der Gene in den Zellen. Die Komplexität des Lebens ist fantastisch.
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Fotos: Shutterstock
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